Jakob

Eine Segnung durch eine Täuschung

 „Den Bund, den er mit Abraham geschlossen hat, und seines Eides, den er Isaak geschworen hat, denselben bestätigte er Jakob zu einem Gesetz und Israel
zu einem ewigen Bund.“ – Psalm 105:9,10

 Das komplizierte Leben Jakobs, des Patriarchen der jüdischen Nation, ist seit Jahrhunderten studiert und kommentiert worden. Die Abrahamitische Verheißung, welche so wesentlich für die letztendliche Zukunft des ganzen Menschengeschlechts ist, ruhte auf Jakob. Aber dennoch schließen die Mittel, durch welche er sich diese Verheißungen sicherte, List, Täuschung und eine glatte Lüge seinem Vater Issak gegenüber mit ein. Welche Lektionen können wir aus der Geschichte des Jakob ziehen hinsichtlich der Art und Weise, in welcher Gott mit seiner menschlichen Schöpfung handelt? Welche Lektionen können wir als Christen aus dem Leben Jakobs lernen?

 1.      Mose, Kapitel 25 bis 35 sind dem Leben Jakobs gewidmet. Gottes Verheißung, seine menschliche Schöpfung zu segnen, die er dem Abraham viele Jahre zuvor gegeben hatte, war auf Isaak übergegangen und würde als nächstes auf Jakob ruhen. In Gottes Vorkehrung wurde Jakob zu Israel und seine zwölf Söhne waren die Grundlage für „Gottes auserwähltes Volk“, die Nation Israel.

 Eine Studie mit Gegensätzen

 Streit und Kampf waren mit Jakob schon verbunden, bevor er geboren worden war. Seiner Mutter, Rebekka, war berichtet worden, dass sie Zwillinge gebären wird und dass die beiden zwei Nationen darstellen, welche dazu bestimmt seien, gegeneinander zu kämpfen. Ihr wurde gesagt, dass der Ältere dem Jüngeren dienen werde. Als Jakob und Esau aufwuchsen, war es leicht zu erkennen, warum sie dazu bestimmt waren, gegen einander zu kämpfen. Die brüderlichen Zwillinge unterschieden sich auf jede Weise. Esau war rauh, ein Mann, der viel im Freien war, ein Jäger. Jakob war „sanft“ und zog es vor, Zuhause zu bleiben. Rebekka bevorzugte Jakob, während Isaak Esau liebte. Ein bemerkenswerter Fehler in dieser früheren Familie scheint der zu sein, dass ganz offensichtlich jedes Elternteil einen der Zwilling bevorzugte.

 Rebekka war eine Frau des Glaubens. Gott hatte auf ihr Gebet geantwortet, Mutter von Esau und Jakob zu werden. Gott gab ihr bedeutsame Prophezeiungen hinsichtlich der zwei Nationen, von welchen ihre zwei Söhne die Vorfahren gewesen sind. Gott hatte ihr erklärt, dass der verheißene Segen auf dem Jüngeren, auf Jakob, ruht.

 Es wird uns nicht gesagt, warum Rebekka den Jakob mehr als den Esau liebte, aber es ist nicht unvernünftig anzunehmen, dass es auf Grund von Gottes Verheißung gewesen ist (1. Mose 25:23). Isaak dachte ganz gewiss an die große Verheißung und die wundervollen direkten Erfahrungen, die er mit Gott während seines Lebens gemacht hatte. Dennoch scheint Isaak seinen „männlichen“ Sohn Esau mehr geliebt zu haben. Vielleicht lebte er in der Vorstellung, dass sein Sohn besser dazu in der Lage war, für die tagtäglichen Bedürfnisse der Familie zu sorgen (1. Mose 25:28).

 Als die Zwillinge größer wurden, wurden auch ihre entgegen gesetzten Charaktereigenschaften reifer. Jakob war ausschließlich damit beschäftigt, den Segen des Erstgeborenen zu erhalten und wartete auf eine Gelegenheit, ihn überreicht zu bekommen (1. Mose 25:29-33). Wir sind alle vertraut mit der Geschichte, wie Esau sein Erstgeburtsrecht für ein einfaches Linsengericht verkauft hat. Dieses Ereignis stellt den Mangel von Esaus Respekt für seine Stellung als Erstgeborenen dar und die weit reichende Segnung, die damit verbunden war. Die Heilige Schrift sagt, dass er sein Erstgeburtsrecht „verachtete“ (1. Mose 25:34). Esau verachtete seinen Erbteil ebenfalls dadurch, dass er zwei kanaanitische Frauen heiratete, und zwar „Töchter des Heths“ (1. Mose 27:46); sie waren Töchter der Hethiter (1. Mose 26:34). Als die Zeit herbei gekommen war, dass Isaak seine abschließenden Segnungen auf seine Söhne austeilte, weil er irrtümlicherweise dachte, dass sein Tod kurz bevorstehen würde, beschloss Rebekka, dass sie die Umstände so lenken müsse, dass Gottes Wille vollbracht wird. Sie erdachte sich eine Täuschung und erzählte dem Jakob, dass, wenn es irgendwelche negativen Konsequenzen geben würde, dieselben auf sie selbst fallen würden (1. Mose 27:12,13).

 Rebekkas Fehler

 Der Gelehrte des Alten Testaments, Daniel Elazar, bemerkt: „Wenn Rebekka, nachdem sie gehört hatte, dass Isaak den Segen an Esau weiterreichen wollte, zu ihm gegangen wäre und mit Demut und Ernsthaftigkeit ihn daran erinnert hätte, was Gott ihre Söhne betreffend gesagt hatte, wenn sie ihm außerdem gezeigt hätte, wie Esau den Segen verwirkt hatte, sowohl durch das Verkaufen seines Erstgeburtsrechts als auch durch die Heirat fremder Frauen, dann wäre es wahrscheinlich so gewesen, dass Isaak dazu gebracht worden wäre, den Segen an Jakob weiterzureichen. Auf diese Weise wäre der Betrug nicht notwendig gewesen. Dies wäre ehrenhaft und lobenswert gewesen und wäre sehr wohlwollend in die Geschichte eingegangen. Aber Gott ließ es zu, dass sie selbst diesen indirekten Weg einschlug, so dass er selbst die Ehre habe, aus dem Bösen das Gute hervorzubringen.“

 Rebekka zahlte einen hohen Preis für ihren Plan. Nachdem Esau entdeckt hatte, dass er den Segen verloren hatte und mit einem geringen Segen zurückblieb, beschloss er, Jakob umzubringen. Rebekka überzeugte Isaak, Jakob wegzuschicken, um eine Frau aus ihrer Verwandtschaft zu finden. Auf diese Weise wurde das Erbe der verheißenen Segnung erhalten. Ihr geliebter Sohn Jakob wurde für mehr als zwanzig Jahre hinweg gesandt. Rebekka litt den Schmerz einer Mutter, die ihn nie wieder sah.

 Sie ist nicht die Einzige, die einen Preis bezahlen musste auf Grund der Täuschung. Jakob selbst wurde sieben Jahre später getäuscht, als Rebekkas Bruder Laban dem Jakob Leah anstatt Rachel in der Hochzeitsnacht gab (1. Mose 29:25). Jahre später war es Laban, welcher von Rachel getäuscht wurde, nachdem sie seine Götzenstatuen gestohlen hatte und hinsichtlich dieser Tat log (1. Mose 31:34,35). Als Jakob vor dem Pharao stand, nachdem er durch Joseph, Rachels erstgeborenen Sohn, nach Ägypten gebracht worden war, fasste er sein Leben in diesen Worten zusammen: „Wenig und böse waren die Tage meiner Lebensjahre, und sie haben nicht erreicht die Tage der Lebensjahre meiner Väter in den Tagen ihrer Fremdlingschaft“ (1. Mose 47:9).

 Isaak formuliert den verheißenen Segen an Jakob nur einmal wieder, und zwar als er ihn hinsendet, um eine Frau in Haran aus Rebekkas Familie zu finden (1. Mose 28:1-5). Dies offenbart, dass Isaak Gottes Wahl angenommen und verstanden hatte, dass dieser bedeutsame Segen jetzt auf der Nachkommenschaft Jakobs ruhte. Aber Isaak zeigt auch seinen persönlichen Unmut, indem er Jakob hinweg schickt, ohne ihm irgendwelche materiellen Besitztümer zu geben, welche er seiner Braut hätte geben können. Jakob muss seinen eigenen Weg gehen, und er tut dies ohne Klage. Gott selbst bestätigt seine Wahl an Jakob in der Form eines Traumes auf dem Weg nach Haran (1. Mose 28:10-15).

  Kampf, Widerstreit und Täuschung verfolgen Jakob sein ganzes Leben lang hindurch. Seine Erfahrungen sowohl mit Laban, Rachel und Leah als auch seine Erfahrungen in den vielen Erlebnissen und Kümmernissen in Verbindung mit seiner großen Familie entwickelten seinen Charakter und vergrößerten seinen Glauben an Gott.

 Welche Lektionen können aus den Erfahrungen Jakobs gezogen werden hinsichtlich Gottes Handeln mit seiner menschlichen Schöpfung? Sicherlich wird eine der offenkundigen Ansprüche von der Wahrhaftigkeit der Bibel als das Wort Gottes durch die Tatsache bestätigt, dass die Charaktere so dargestellt werden, wie sie im Leben wirklich waren. Isaak, Rebekka, Jakob und Esau sind fehlerhafte Menschen mit anstrengenden Familienbeziehungen. Gott war sich dieser Unvollkommenheiten bewusst, und er führte trotzdem seinen Willen hinaus.

 Die Beteiligten an diesem Geschehen leiden die natürlichen Konsequenzen ihres Handelns. Gottes Grundsätze werden nicht verletzt, wie sie in Sprüche 12:22 dargestellt werden: „Die Lippen der Lüge sind dem Herrn ein Gräuel, die aber, welche Wahrheit üben, sein Wohlgefallen.“ Aber Gott ändert nicht seinen Vorsatz, den Segen durch die Geschlechtslinie Abrahams auszuteilen: „Die Gnadengabe und die Berufungen Gottes sind unbereubar“ (Römer 11:29).

 Der Streit zwischen der Nation Israel und den Kindern Esaus, auch als Edom bekannt, erfüllt viel von der Geschichte des Alten Testaments und setzt sich fort in dem Konflikt zwischen Juden und Arabern heutzutage.

 Lektionen für den Christen

 Welche Lektionen kann der Christ aus dem Leben Jakobs lernen? Es ist für alle Kinder Gottes wichtig, nicht das zu verurteilen, was Gott nicht verurteilt. Während wir ganz bestimmt darin übereinstimmen, dass die Taten Rebekkas und Jakobs falsch gewesen sind hinsichtlich der Täuschung Isaaks, erkennen wir dennoch die „Güte und die Strenge Gottes“ (Römer 11:22), indem er den natürlichen Lebenslauf zulässt, um die notwendigen Züchtigungen und Lektionen ohne direkte Verurteilung zu ermöglichen. Wenn wir diesen Grundsatz in unseren eigenen Leben anwenden, dann resultiert daraus ein passendes, wertvolles christliches Wachstum.

 „Gott hat das Törichte der Welt auserwählt, auf dass er die Weisen zu Schanden mache, und das Schwache der Welt hat Gott auserwählt, auf dass er das Starke zu Schanden mache, und das Unedle der Welt und das Verachtete hat Gott auserwählt, und das, was nicht ist, auf dass er das, was ist, zunichte mache, damit sich vor Gott kein Fleisch rühme. Aus ihm aber seid ihr in Christus Jesus, der uns geworden ist Weisheit von Gott und Gerechtigkeit und Heiligung und Erlösung; auf dass, wie geschrieben steht: Wer sich rühmt, der rühme sich des Herrn.“ – 1. Korinther 1:27-31.

 Übersetzt aus dem englischsprachigen Herald,
Ausgabe von Mai/Juni 2005 durch Bruder Sven Kruse.